Die Kellergassen sind kulturhistorische Besonderheiten, die zum unverwechselbaren Landschaftsbild des Weinviertels beitragen.
Die Bedeutung der Kellergassen ist derzeit einem Wandel unterworfen:
Immer häufiger steht nicht mehr die Weinproduktion und -lagerung, sondern die gesellschaftliche Nutzung im Vordergrund.So erfreuen sich auch Kellerfeste und "Offene Kellertüren" steigender Beliebtheit.
Nun geht es um die Freiräume neben, zwischen und vor den Presshäusern und Kellereingängen, die für die Atmosphäre einer Kellergasse ebenso wichtig sind wie die Gebäude selbst.Die Gestaltung dieser Freiräume erfordert Sensibilität für die ökologischen Besonderheiten der Kellergassen und soll sowohl mit Presshäusern als auch mit der umgebenden Natur in harmonischem Einklang stehen.
Wie beim Bau und der Sanierung von Presshäusern gilt auch bei Gestaltungsmaßnahmen im Freiraum der Grundsatz der Einfachheit, Schlichtheit und Bewahrung traditioneller Strukturen. Durch unsachgemäß verwendete und ortsuntypische Materialien und Ausstattungsgegenstände, durch standortfremde Pflanzen oder ein "Zuviel" an Gestaltung kann der optische Eindruck, aber auch die sensible Ökologie einer Kellergasse stark beeinträchtigt werden.
Kellergassen weisen charakteristische Standortbedingungen auf: trockene Böschungen an den Abhängen von Lößwänden, stark der Sonne ausgesetzte Stellen, feuchtere und schattige Bereiche am Fuß von Hohlwegen, zwischen den Kellerbauwerken und unter Bäumen. Dementsprechend angepasst ist der natürliche Pflanzenbewuchs, der sich großteils von den natürlichen Wuchsbedingungen in Hohlwegen herleitet:
Schattige, frische Standorte | Sonnige, trockene Standorte |
Esche (Fraxinus excelsior) | Feldahorn (Acer campestre) |
Bergulme (Ulmus glabra) | Feldulme (Ulmus minor) |
Vogelkirsche (Prunus avium) | Liguster (Ligustrum vulgare) |
Roter Hartriegel (Cornus sanguinea) | Schlehdorn (Prunus spinosa) |
Pfarrerkapperl (Euonymus europaeus) | Weißdorn (Crataegus monogyna) |
Waldrebe (Clematis vitalba) | Heckenrose (Rosa canina) |
Holunder (Sambucus nigra) | Berberitze (Berberis vulagris) |
Wolliger Schneeball (Viburnum lantana) |
Diese und auch die krautigen Pflanzen aus der umgebenden Landschaft sind prinzipiell die richtige Begrünung für eine Kellergasse! Wo sie spontan aufkommen, sind nur geringe pflegende und gestalterische Eingriffe notwendig. Auch blühende (Un)Kräuter in Mauer- und Pflasterritzen sollte man nicht entfernen - sie erfreuen Insekten und Besucher mit ihren bunten Blüten!
Die Robinie, im Volksmund "Akazie" genannt, war ursprünglich bei uns nicht heimisch, sondern wurde aus Nordamerika eingebürgert. Durch die intensive Anreicherung des Bodens mit Stickstoff können in Robinienbeständen nur mehr wenige, Stickstoff liebende Pflanzenarten wie z.B. Holunder, Brennessel, Taubnesseln, Schöllkraut und Knoblauchsrauke gedeihen. Die ursprüngliche üppige Artenvielfalt der Hohlwege ist in Kellergassen durch die starke Ausbreitung der Robinien großteils verloren gegangen.
Dennoch gehören die besonders zur Zeit der Blüte intensiv duftenden und lichten, angenehmen Schatten spendenden Robinien mittlerweile zum lieb gewonnenen Bild der Kellergassen. Die angeführten Kräuter spielen eine wichtige Rolle im ökologischen Kreislauf. So sichert etwa die Brennessel das Überleben der Schmetterlingsarten Admiral, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs und Distelfalter.
Für Planzungen in Kellergassen gilt:
Keine neuen Robinien auspflanzen, jedoch vorhandene Robinienbestände in Kellergassen pflegen und regelmäßig eindämmen.
Bei Begrünungsmaßnahmen in Kellergassen sollte auf heimische Pflanzenarten des Weinviertels zurückgegriffen werden, um die Artenvielfalt und natürliche Kreisläufe zu fördern. Alte Fotos, Auskünfte von älteren DorfbewohnerInnen und die genaue Beobachtung der natürlichen Pflanzenarten in der Landschaft können wertvolle Hilfestellungen sein.
Als wichtigste Grundregel gilt:
Keine Ziergehölze (vor allem keine Thujen) in Kellergassen pflanzen! Diese sind in Gärten und Parkanlagen besser aufgehoben. Auch Nadelgehölze gehören nicht ins Weinviertel, sondern sind typisch für Gebirgslandschaften.
Zusätzlich zu den typischen Hohlweg-Gewächsen können folgenden Planzen rund um die Kellergassen verwendet werden:
Bäume:
Hainbuche (Carpinus betulus)
Bergahorn (Acer pseudoplatanus)
Winterlinde (Tilia cordata)
Trauben-, Stiel-, oder Zerreiche (Quercus petraea, Q. robur, Q. cerris)
Sträucher:
Kornelkirsche od. Gelber Hartriegel (Cornus mas)
Haselnuss (Corylus avellana)
Kreuzdorn (Rhamnus cathartica)
Gemeiner Schneeball (Viburnum opulus)
Kletter- und Schlingpflanzen:
Weinstöcke, direkt tragende Sorten
Wilder Wein (Vitis sylvestris)
Hopfen (Humulus lupulus)
Efeu (Hedera helix)
Lonicera periclymenum (Waldgeißblatt)
Rund ums Presshaus:
Die Bereiche hinter den Presshäusern waren früher häufig mit Obstbäumen bepflanzt. Nussbäume, Zwetschken, Kirschen und Weingartenpfirsiche sind dafür typisch. Insbesondere der in verschiedenen Sorten erhältliche Weingartenpfirsich erfreut sich durch sein charakteristisches, fruchtig-frisches Aroma uneingeschränkter Beliebtheit.
Obstbaumbestände im Umfeld von Kellergassen können im Hinblick auf den sich langsam entwickelnden sanften Tourismus auch als Schaugärten oder Selbsterntegärten angelegt werden. Kinder freuen sich beim Spaziergang in der Kellergasse über selbst gepflückte frische Früchte.
Typische regionale Obstsorten:
Pfirsiche:
Mittelfrüher Weingartenpfirsich Reife August steinlösend, weißfleischig,
Stadler Orangenpfirsich Reife: Anf. August
Früher Pfirsich Reife: Ende Juli
Eisener Kanzler Reife: Aug/Sept.
Zwetschken und Ringlotten:
Hauszwetschke Reife: Mitte Sept. - Anf. Okt.
Ontariopflaume Reife: Juli/August
Graf Althan's Ringlotte Reife: Aug/Sept.
Wangenheims Frühzwetschke Reife: Aug./Sept.
Schrattentaler Zwetschke Reife: Sep/Okt.
Kirschen:
Germersdorfer Riesenkirsche Reife: 4.-5. Kw
Hedelfinger Riesenkirsche Reife: 4.-5. Kw
Große Prinzessinnenkirsche Reife: 4.-5. Kw
Schwarze Knorpelkirsche Reife: 5. Kw
Nussbaum:
Walnüsse aus Samen
Esterhazy Typen
Geisheim Typen
Apfelbaum:
Kronprinz Rudolf Genussreife: Nov.- Jänner
Gelber Bellefleur Genussreife: Okt. - März
Weißer Klarapfel Genussreife: Juli-August
Gravensteiner Genussreife: Sept.-November
Zeischenräume:
Der Bereich zwischen den Presshäusern, auch "Reiha" genannt, ist meist sehr schmal. Über diesen engen Zugang gelangt man zur Presshaus-Hinterseite, zu den dahinter liegenden Weingärten oder aber zu einem - vielleicht erhöht gelegenen - Sitzplatz im Freien.
In diesen Zwischenräumen sollte am besten der spontan aufkommende Pflanzenwuchs als Spritzwasserschutz belassen werden. Steht die Nutzung als Durch- oder Zugang im Vordergrund, empfiehlt sich eine Oberflächenbefestigung mit in Sand verlegten Ziegeln oder Pflastersteinen, in deren Fugen Moos und krautige Pflanzen wachsen dürfen.
Der Bodenwasserhaushalt in der Landschaft wird von der Art des Straßen- und Wegebelages entscheidend beeinflusst. In niederschlagsarmen Gebieten wie dem Weinviertel ist es wichtig, möglichst wenig Fläche zu versiegeln, damit das Regenwasser im Boden versickern kann. Dadurch wird auch die Grundwasserneubildung erhöht.
In intensiv genutzten oder abschüssig gelegenen Kellergassen steht die Gewährleistung einer optimalen Befahrbarkeit mit landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten im Vordergrund. Hier sollte die Oberfläche von Straßen, Plätzen, Zwischenräumen und Presshausvorplätzen jedoch jedenfalls mit traditionellem Steinpflaster anstatt mit Asphalt oder Beton gestaltet werden. Für großflächige Pflasterungen (z.B. ganze Kellergassen) empfiehlt sich Granitkleinstein (9 x 9 x 9 cm). Damit die Fläche nicht zu eintönig wirkt, kann man zum Beispiel an den Rändern zu den Eingängen von Kellern große Steine (gespalten, 18 x 18 x 9 cm) dazumischen.
Die Verfugung der Granitpflasterung sollte nicht durchgehend mit Zementmörtel erfolgen, sondern an verschiedenen Stellen sollte Erdreich belassen werden, damit Wasser versickern kann und je nach Standort Gras, Kräuter und Moos dazwischen wachsen können.
Häufig ist die Fahrbahn in Kellergassen asphaltiert. Dann sollte zumindest am Rand der Platz für die Vegetation bleiben. Wenn "Kellervorplatzln" in asphaltierten Kellergassen mit Pflastersteinen gestaltet werden, sollte der Übergang zur Asphaltfahrbahn wenn möglich nicht gerade und scharfkantig sein.
Möglichkeiten der Pflasterverlegung: Gerade, Bogenmuster oder Wellenmuster
Randsteine wirken in Kellergassen zu hart. Wenn schon eine Begrenzung notwendig ist, dann sollte ein gespaltener Groß-Stein, schräg verlegt, verwendet werden.
Zu Kellereingängen hin können neben Granitsteinen auch noch andere Pflastermaterialien verlegt werden:
In manchen asphaltierten Kellergassen werden Strom, Kanal und Wasser in einer Künette in der Mitte der Fahrbahn untergebracht. Diese kann man mit Kleinstein schließen und als Rinne ausbilden.
Die Oberfläche wenig befahrener Seitenwege, in denen Bodenerosion kein Problem darstellt, sollte prinzipiell überhaupt nicht versiegelt, sondern aus ökologischen Gründen als wassergebundene Decke mit Schotter- oder Grädermaterial oder allenfalls als Spurweg ausgebildet werden. Zwischen den beiden "Spuren" bleibt dann Platz für einen begrünten Mittelstreifen.
Löffelsteine in der Kellergasse unbedingt vermeiden! Sie wirken fremd und störend und werden außerdem nur dann vom Grün überwachsen, wenn sie ständig intensiv gepflegt werden!
Eher selten werden Presshausfassaden begrünt. - Dafür eignen sich naturgemäß Weinstöcke am besten, Wilder Wein ist eine Alternative dazu.
Aber auch einfache, ungefüllte Kletterrosen haben in manchen Gegenden Tradition. Sie wurden seit jeher nicht nur am Rand von Weingartenzeilen als Zeigerpflanze für den gefürchteten Mehltau gepflanzt, sondern dürfen sich als eine der wenigen in Kellergassen verwendeten Zierpflanzen an sonnige Presshausmauern schmiegen.
Stufen
Bedingt durch die Steilheit der Böschungen in vielen Kellergassen, die in Hohlwegen angelegt wurden, sind Stufen recht häufig. Führten früher nur ausgetretene Wege oder bestenfalls in den Löß gehauene Erdstufen den Hang empor oder zu den Eingängen der Keller hinunter, so werden heute meist stabile Treppenbauwerke angefertigt.
Wichtig dabei ist, Kräuter, Gräser und Moose in Ecken und Ritzen wachsen zu lassen, damit neue Stufenbauwerke weniger störend und hart wirken.
Am passendsten:
Vielerorts sieht man alte, hölzerne Weinpressen, die im Freien aufgestellt werden, um auf die Tradition des Weinbaues hinzuweisen. Schade um diese kulturhistorisch wertvollen Zeugnisse der Vergangenheit! Sie halten Wind und Wetter meist nicht sehr lange stand, verwittern über kurz oder lang trotz - oft ökologisch bedenklicher - Imprägnierung und sind damit für die Nachwelt unwiederbringlich verloren.
Überdachungen der verschiedensten Bauart schaffen nur wenig Abhilfe und passen überdies meist nicht zur charakteristischen Architektur einer Kellergasse. Daher sollten Holzpressen wo immer möglich dort erhalten und präsentiert werden, wo sie hingehören: in den Presshäusern.
Diese Ausführungen gelten auch für andere Gerätschaften aus Holz, die früher im Weinbau Verwendung fanden: Bottiche, Fässer, Butten und anderes mehr. Wenn die Verlockung auch groß ist, derartige Geräte ins Freie zu stellen und womöglich mit Blumen auszupflanzen, so gilt auch hierfür: Besser im Inneren von Presshäusern und Winzerhöfen belassen und in ihrem ursprünglichen Verwendungsumfeld in gepflegtem Zustand präsentieren.
In der "guten alten Zeit" gab es keinen elektrischen Strom und somit auch keine Straßenbeleuchtung in den Kellergassen. In den Weinkellern und Presshäusern genügte Kerzenlicht, und die Weinbauern fanden auch im Dunkeln ihren Weg nach Hause. Später wurden - eher vereinzelt - einfache und zweckmäßige Beleuchtungskörper an Presshäusern oder auf Holzmasten angebracht.
Mit zunehmender touristischer Nutzung der Kellergassen erhält auch die Beleuchtung einen höheren Stellenwert als sie es früher hatte. So manche Weinverkostung endet spät, und Feste in lauen Sommernächten erfordern ebenfalls gutes Licht.
Beleuchtungskörper in Kellergassen sollten weder zu modern noch mit Dekor überladen, sondern - wie alle architektonischen Details - schlicht und einfach ausgeführt sein. Regionaltypische Kellergassenlampen fügen sich harmonisch in das gesamte Ensemble ein, ohne aufdringlich oder fehl am Platz zu wirken.
Die Firma Techno Team aus Pulkau fertigt beispielsweise Kellergassenlampen aus Gusseisen nach genau reproduzierten historischen Vorbildern, ausgestattet nach dem heutigen Stand der Technik.
Abfallkörbe:
Wo gefeiert, gerastet, gewandert und geradelt wird, fallen Abfälle an. Prinzipiell wäre es am besten, wenn jeder Besucher - ebenso wie auch die Kellerbesitzer - seinen eigenen Müll wieder mit nach Hause nehmen und dort ordnungsgemäß entsorgen würde. Da dies jedoch nicht immer möglich ist, sind zumindest an stärker frequentierten Plätzen auch in der Kellergasse entsprechende Behälter notwendig.
Auch für Abfallkörbe gilt als oberstes Prinzip: möglichst einfache, unauffällige Gestaltung. Als Material kommt Holz oder Metall in Frage.
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Quellen:
http://umfeld.kellergassenerlebnis.at
sowie