Ein Überblick über die wichtigsten Regeln bei der Sanierung unserer Presshäuser:
In verschiedenen Regionen sind die Presshäuser in der äußeren Gestaltung unterschiedlich, jedoch ist überall auf die Einfachheit zu achten!
Die größte Gefahr besteht heute im überzogenen „Verschönern“.
Viele erkennen die Schönheit des Einfachen nicht, das Schlichte ist oft zu minder. Doch gerade die Einfachheit der Elemente und deren Gesamtwirkung machen den besonderen Reiz aus!
Ein ABBRUCH bestehender, der historischen Bautradition der
Kellergasse entsprechender Objekte, soll grundsätzlich vermie-
den werden. Wenn es jedoch keine andere Möglichkeit gibt,
gilt es zu prüfen, ob nicht doch zumindest Teile davon erhalten
werden können.
Bei einer WIEDERINSTANDSETZUNG ist auf die alte Bausub-
stanz zu achten und alte Details sollen in der ursprünglichen
Form wieder hergestellt werden. Bei Umbauten sollte immer
im Auge behalten werden, dass sie sich harmonisch in das restliche Kellergassenensemble einfügen.
Bei NEUBAUTEN sollte die herkömmliche Form eines Presshauses beibehalten werden. Die Gebäudehöhe richtet sich nach der Höhe des vorhandenen traditionellen Altbestandes.
Der Gesamteindruck eines Gebäudes ergibt sich durch die einzelnen Details, dies gilt vor allem bei RÜCKBAUTEN verfremdeter Gestaltung von Presshäusern. Dies betrifft die Dachform und Dachdeckung, Gesims und Traufenausbildung, Giebelverbretterung, Fenster und Türen, Putz sowie Anstrich bzw. Farbgebung.
MAUERWERK
Die Presshäuser waren meist in Lehm mit einem Stein- oder Ziegelsockel ausgeführt. Die Mauerstärke betrug ca. 45-50 cm.
Bei Neubauten sollte man die Vorderfront möglichst stark ausühren, dadurch ist eine gewisse Behäbigkeit des Baukörpers gegeben. Die Türüberlagen können aus Holz ausgeführt werden. Massive Überlagen sind horizontal oder mit einem flachen Bogen (bei Türen mit einem Stich von max. 20 cm) auszuführen. Erhaltung einer regionstypischen Bauform
AUSSENPUTZ:
Auf Lehmmauerwerk sollte wieder Lehmputz aufgebracht wer-
den. Auf Ziegelmauerwerk wird ein einlagiger Kalkmörtelputz
ohne sogenannte Lehrfaschen frei aufgetragen. Dieser wird
mit einem „Hobel“ oder „Schwert“ ausgeglichen und mit ei-
nem Glättbrett oder einer Kelle möglichst glattgestrichen. Die
Fläche wird weiß gekalkt. Fensterfaschen und Farbgebung wa-
ren nur in den seltensten Fällen üblich. Fenster und Türumrahmungen aus „Sicht-Ziegel“ sind zu vermeiden.
DACHFORM:
Die typische Form ist das Satteldach. Satteldächer können mit einem Krüppel- oder Schopfwalm ausgeführt werden. Bei freistehenden Gebäuden findet man oft das Walmdach (allseitig abgewalmtes Dach). Die Dachneigung ist in verschiedenen Kellergassen unterschiedlich jedoch soll diese 35 – 42° betragen. Die Orientierung an den Nachbargebäuden ist notwendig.
DACHDECKUNG:
Vorherrschend ist in ganz Niederösterreich die Doppeldeckung mit „Wiener Taschen“ eckig oder gerundet. Die stark gerundeten Biberschwänze sind zu vermeiden. Die Oberfläche sollte nicht zu glatt sein, damit sich bald eine gewisse Patina ansetzen kann. Besonders schön sind alte Dachziegel mit ihrer Patina, weshalb auch bei neuen Dachziegeln die patinierte Oberfläche (z.B. „Wiener Tasche antik“) vorzuziehen ist. In manchen Kellergassen sind sogenannte Strangfalzziegel aus Ton üblich, Neueindeckungen sollte man mit diesem Material nur in Ausnahmefällen durchführen. Dacheindeckungen aus Betonfalzsteinen, Faserzementplatten, Well-platten oder Blech sind nicht zulässig.
Um das Dach eines Presshauses neu zu decken, sind sicher die alten, rot-
braunen Dachziegel mit ihrer über Jahrzehnte entstandenen dunklen
Patina am schönsten. Jedoch werden diese immer seltener. Beim Abbruch von alten Häusern oder Stadeln kann man sie aber immer noch finden. Wichtig ist, dass die Nasen der Ziegel noch in Ordnung sind. Manche Fir- men erzeugen Dachziegel mit einer „antiken“ Oberfläche. Die Dachränder am Giebel sollten im Mörtelbett verlegt werden. Eine Verblechung erübrigt sich dadurch.
GESIMSE:
Die Form richtet sich nach dem bestehenden Baubestand. Zu unterscheiden sind das Staffelgesimse und das Sparrengesimse.
Das Staffelgesimse ist ein gemauertes Gesimse mit zwei oder 3 scharfen Ziegeln (wegen ihres größeren Formats sind Ziegel im altösterreichischen Format 15 x 30 cm vorzuziehen). Die einzelnen Scharen kragen ca. 7 cm aus, sodass die Ausladung des Gesimses 14 bzw. 20 cm beträgt. An der Giebelseite werden die Dachziegel im Mörtel verlegt und kragen ca. 8 cm aus.
Beim Sparrengesimse beträgt die Auskragung der Sparren an der Oberkante max. 20 cm. Giebelseitig ist der Dachvorsprung ebenfalls gering, nämlich ca. 20 cm wobei der Sparren nicht vor die Giebelmauer gesetzt wird. Schalung und Lattung kragen aus. Den Abschluss bildet ein Stirnbrett, das verblecht werden kann, wobei nur ein ca. 3 cm breiter Blechstreifen sichtbar bleibt. In manchen Gegenden sind auch größere DACHVORSPRÜNGE üblich. Hier sollte bei einer Dachdeckung mit Unterdach der letzte Sparren ca. 30 cm hinter dem Stirnladen angeordnet
werden. Schalung und Lattung kragen aus.
DACHFENSTER oder DACHGAUPEN:
Dachfenster oder Dachgaupen sind kellergassenseitig prinzipiell nicht zulässig. Die Ausnahme bilden die sogenannten ‚Heutürln‘, wenn sie ortsüblich sind und in der herkömmlichen Form ausgeführt werden. Dachluken aus Blech mit ca. 30 x 30 cm Ansichtsfläche sind zulässig.
FENSTER:
Fenster hat es in den Kellergassen wenig gegeben. Meist waren es nur Lüftungsluken, deshalb sollten die Fenster möglichst klein gehalten werden.
Die maximale Fenstergröße hat ein Stockaußenmaß von 65 x 45 cm oder 45 x 75 cm, das ergibt eine Putzlichte von 53 x 33 cm bzw. 33 x 63 cm. Ausnahmen gibt es nur dort, wo größere Fenster ortsüblich waren. Grundsätzlich sind nur Holzfenster zulässig. Die Oberfläche ist dunkel zu beizen oder grün zu streichen. Rundbogenfenster sind zu vermeiden. Die
Fenster sind tief in die Leibung zu setzen (d.h. möglichst weit nach Innen). Der Fensterstock ist so einzumauern, dass vom Stock nur 1 cm sichtbar bleibt. Falls die Sohlbank abgedeckt wird, ist dies beispielsweise mit alten Ziegeln oder Dachbodenpflaster auszuführen und nicht mit Klinkermaterial, Naturstein oder Blech.
GIEBELVERBRETTERUNG:
In manchen Kellergassen sind die Giebel verbrettert. Die Giebelverbretterung sollte aus senkrechten Brettern ca. 16 bis 20 cm breit bestehen. Diese werden stumpf auf Lattenrost geschraubt oder genagelt. Auch Abdeckleisten ca. 3 cm breit waren üblich. Nut und Federbretter sind zu vermeiden.
Die Oberfläche soll sägerauh ausgeführt werden. Falls eine Imprägnierung durchgeführt wird, ist diese graubraun (Farbe von verwitterten Brettern) herzustellen. „Gelbe“ Holzlasuren sind völlig falsch. In die Giebelschalung können sogenannte ‚Heutürl‘ eingeschnitten werden. Dahinter sind Fenster zulässig.
KELLERTÜREN:
Die alten Türen sollten mit ihren Beschlägen erhalten bleiben.
Mit Geschick kann man jede Tür renovieren. Diese waren max. 142 cm breit und 189 cm hoch (5 x 6 Fuß). Heute werden eine Höhe von max. 2m und eine Breite von max. 1,60 m toleriert.
Neue Türen müssen sehr schlicht und mit möglichst alten Beschlägen zweiflügelig ausgeführt werden. Am Besten man nimmt sich alte Türen zum Vorbild. „Gefräste Sonnenmuster“ sind völlig falsch. Die Oberfläche ist grün zu streichen oder dunkel zu beizen.
FENSTERGITTER und Fensterläden:
Diese Elemente sind als einfache Flacheisengitter oder Stabgitter auszuführen und in die Laibung zu versetzen. Verschnörkelte und außen aufgesetzte Gitter sind unbedingt zu vermeiden.
Fensterläden sind generell nicht gestattet. Ausnahmen gibt es nur dort, wo diese üblich waren.
SOCKEL:
Sockel sollen generell vermieden werden. Vorhandene Sockel sind weiß zu übertünchen.
BELEUCHTUNG (straßenseitig):
Falls Leuchten erforderlich, sollen diese in einfacher Form ausgeführt werden, etwa als Schirmleuchten oder Schiffsleuchten.
Laternen, Phantasieleuchten und nachempfundene „Gaslaternen“ sind zu vermeiden. Dies gilt auch für die öffentliche Straßenbeleuchtung.
DACHRINNEN:
Dachrinnen waren in den Kellergassen nicht üblich. Sind diese unbedingt notwendig sollten sie möglichst in Holz ausgeführt werden. Dazu können zwei Bretter aneinander gefügt und mit Blech ausgeschlagen werden. Blechrinnen sind in Zinkblech und dunkel gestrichen (schwarz mit Rotzusatz) auszuführen. Die Fallrohre sind möglichst in die „Reihe“ zu verlegen.
STÜTZMAUERN:
Sind Stützmauern notwendig, so sind diese in Mauerwerk oder Beton herzustellen und zu verputzen. Die Abdeckung kann mit alten Ziegeln erfolgen. Löffelsteine, Natur- und Kunststeinverkleidungen sind in der Kellergasse Fremdkörper. In manchen Bereichen wo es Steinvorkommen gibt sind massive Natursteinmauern, am besten trocken geschlichtet, möglich.
STRASSENRAUM:
Zugänge und Plätze vor den Presshäusern sind, wenn möglich, mit Granit- oder „Schattauerpflaster“ zu belegen. In manchen Kellergassen sind die Vorplätze als Grünfläche mit einem befestigten Zugang ausgebildet, diese sollte man beibehalten.
Blumenbepflanzungen wie in Hausgärten sind zu vermeiden.
ZÄUNE:
Zäune sind in der Kellergasse nicht üblich. Sind diese in Ausnahmefällen und im kleinen Ausmaß notwendig, so sollen sie als Lattenzäune (3 x 5 cm) oder Bretterzäune mit einer maximalen Höhe von 120 cm ausgeführt werden.
AUSNAHMEN
Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert sind zum Teil „städtische“ Elemente in manche Kellergassen eingezogen. Diese sind in ihrer historisch bedingten Form durchaus erhaltungswürdig, jedoch muss dies von Fall zu Fall entschieden werden. Bei allen Bauführungen sind zusätzlich die NÖ Bauordnung sowie die Bebauungspläne mit den Bauvorschriften der Gemeinden zu beachten.
Viel Freude bei der Arbeit zur Erhaltung und Pflege unserer Kellergassen!
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Literatur: Helmut Leierer,
Buch: Zukunft Kellergassen, Baugestaltung
Verlag: Agrarverlag-Wien
In diesem Buch sind alle am Presshaus anfallenden Details gezeichnet und beschrieben. (erhältlich im Buchhandel)